NZZ am Sonntag · 26. Februar 2006
  WISSEN

 

Mensch und Medizin

 

Wie man ein Mädchen
oder einen Knaben zeugt

 

Der Wunsch, auf das Geschlecht eines gezeugten Kindes Einfluss ausüben zu können, ist uralt. Und es gibt recht abenteuerliche Vorstellungen, wie man das idealerweise anstellen sollte. Das Aufhängen von entsprechenden Fotografien von weiblichen oder männlichen Babys im Schlafzimmer ist noch die harmloseste Variante. Manche stellen ihre Betten um: Füsse gegen Norden: Knaben. Füsse gegen Süden: Mädchen. Noch abenteuerlicher ist das Schmücken des Schlafzimmers mit Storchenschnabel (Knabe) oder Frauenschuh (Mädchen).

Es gibt allerdings auch seriöse Erkenntnisse in Bezug auf Schwangerschaften und das Geschlecht der gezeugten Babys. Eine italienische Forschergruppe von der Universität Modena hat vor zwei Jahren bei fast 15'000 Schwangerschaften den Befruchtungszeitpunkt mit dem Geschlecht des geborenen Kindes verglichen und ein überraschendes Ergebnis vorgelegt: Im Herbst werden deutlich mehr männliche Nachkommen gezeugt, im Frühjahr mehr Mädchen!

Männer haben als Geschlechts- chromosomen ein X und ein Y. Frauen haben zwei X-Chromosomen. Der Vater bestimmt also das Geschlecht des Kindes, denn je nachdem, ob er ein Y- oder X-Chromosom weitergibt, wird es ein Sohn oder eine Tochter. Von der Mutter kommt immer eines ihrer beiden X-Chromosomen dazu. Die Chancen für Bube oder Mädchen stehen also theoretisch 50 zu 50.

 

Allerdings gibt es einige interessante Unterschiede zwischen den beiden Spermienarten: Die Spermien vom Mann mit dem Y-Chromosom sind schneller, aber schwächer und kurzlebiger, weil sie empfindlich gegen das saure Scheidenmilieu reagieren. Die X-Chromosom-tragenden Spermien sind langsamer und stärker und können in saurer Umgebung längere Zeit überleben.

Da das Scheidenmilieu um den Eisprung herum eher alkalisch (basisch) wird und der Orgasmus der Frau diesen Vorgang noch verstärkt, ergeben sich daraus folgende Tipps, die die Wahrscheinlichkeit für das eine oder andere Geschlecht erhöhen.

Tochter-Wunsch: Häufiger Geschlechts- verkehr, zwei Tage vor Eisprung pausieren, vor dem Verkehr eine Spülung mit Essigsäure durchführen (1 EL Essig auf i Liter warmes Wasser). Die Frau sollte auf den Orgasmus verzichten.

Sohn-Wunsch: Einige Zeit pausieren, dann möglichst zur Zeit des Eisprungs (oder kurz vorher) Geschlechtsverkehr, vorher mit alkalischer Lösung spülen (2 EL Natriumbicarbonat auf 1 Liter warmes Wasser, 15 Minuten stehen lassen. Der Orgasmus der Frau hat hier keinen Einfluss. Hingegen begünstigt eine Zeugung im Herbst eher das männliche Geschlecht.

Und wenn auch diese Tipps nichts nützen, gilt unabhängig vom Geschlecht: Ein gesundes Baby ist immer noch das Wichtigste!

Dieter Wiesmann