n letzter Zeit habe ich den Begriff «Metrosexualität» ein paar Mal gelesen. Das letzte Mal im Zusammenhang mit der Lancierung einer neuen Pflegelinie für den Mann, wo eine Crème für den «metrosexuellen» Mann unter 25 angepriesen wurde. So viel mir bewusst ist, wurde dieser Begriff vom Fussballer David Beckham geprägt. Aber ich wäre doch froh um Aufklärung, was es mit diesem Begriff auf sich hat», fragt Matthias Brunner (Name geändert).
Bei Metrosexualität handelt es sich um einen Lifestyle-Ausdruck
Der Begriff «metrosexuell» ist die Erfindung eines Journalisten, und ist aus den beiden englischen Wörtern «metropolitan» und «heterosexual» zusammengesetzt. Damit werden in den Medien neuerdings heterosexuelle Männer, die Wert auf ein trendiges Äusseres legen, bezeichnet. Männer, die sich die Brust rasieren beispielsweise, die ihre Nägel maniküren, eine teure Gesichtscrème benutzen, sich modisch kleiden, gewagte Frisuren tragen und so weiter. Also Verhaltensweisen, die man allgemein eher dem urbanen Schwulen nachsagt.
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Als Beispiel für den metrosexuellen Typ Mann beziehungsweise für dieses Verhalten wird immer wieder der Fussballer Beckham aufgeführt: Schwul leben, heterosexuell lieben. Metrosexuell ist also keine Bezeichnung für eine neue sexuelle Ausrichtung, und auch nicht für Sex in der U-Bahn, sondern steht für einen extravaganten Lebensstil heterosexueller Männer.
Und selbstverständlich sind Kosmetik-, Schönheits-, Bekleidungs- und wie die Industrien alle heissen mögen, auch auf diesen Zug aufgesprungen. Darum gibt es nun beispielsweise die Crème speziell für den metrosexuellen Mann unter 25 Jahren. Um stagnierende Märkte anzukurbeln, kommt so ein Lifestyle-Ausdruck offenbar ganz wie gerufen.
Überholte Klischees werden zementiert
Schade nur, dass mit solchen Ausdrücken Klischees geschaffen und zementiert werden. Diejenigen, die man als homosexuell bezeichnet, haben jedoch unter Umständen ausser dieser Kennzeichnung nur wenig gemeinsam. Ausserdem ist «homosexuell» auch kein besonderes Merkmal eines Menschen, sondern ein Status, der ihm in der Regel von anderen zugewiesen wird.
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Es sollte doch allen die Freiheit zugestanden sein, die eigene sexuelle Fähigkeit zu entwickeln, wo immer die liegen mag, und dazu brauchts keine Etiketten. Aber solche unreflektierten Lifestyle-Ausdrücke sind dafür alles andere als förderlich. Im Gegenteil.
Marlise Santiago
Die Journalistin und Sexualpädagogin Marlise Santiago greift im «Tagblatt» regelmässig Themen rund um Beziehung, Erotik und Sexualität auf. Schreiben Sie uns, was Sie bei diesen Themen beschäftigt.
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