«Santabbondio? Si, si, Signora. Conosco bene.» Der Taxifahrer steuert zielsicher den Hügel hinauf. Eine der besten Adressen im Tessin, die müsse er doch kennen, sagt er. « Essen ist meine Leidenschaft. »
Abseits vom touristischen Lugano, im Vorort Sorengo, liegt das Santabbondio, Domizil von Lorena und Martin Dalsass. Von aussen wirkt es überraschend bescheiden, nicht wie ein Gourmettempel, dessen Küche mit 18 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet ist. Doch kaum hat man den schmalen Eingang passiert und hinter dem Haus auf der Terrasse Platz genommen, ist man froh um diesen unprätentiösen Ort. Man wähnt sich in den Ferien, ein lauer Wind trägt den Duft von wilden Kräutern und Früchten herüber. Es sind Aromen, die sich in den Gerichten von Martin Dalsass wiederfinden: In den Cavatelli, den kleinen Teigwaren mit Meeresfrüchten, für die so mancher Feinschmecker seine Oma verkaufen würde; in der saftigen Kräuterkruste des Lammcarrés, selbst in der luftigen Mousse au chocolat, die hinter den Aromafacetten guten Kakaos nach der feinen Säure südlicher Früchte schmeckt.
Nicht ohne Grund: Martin Dalsass, Kenner und Liebhaber von Olivenöl, bereitet jedes Gericht, selbst seine Desserts, mit Olivenöl statt mit Butter zu.
SonntagsZeitung: Herr Dalsass, die Schokoladen-Mousse schmeckt toll. Welches Olivenöl verwenden Sie?
MARTIN DALSASS:
Ein kräftiges, das sich gegen die Kakaobutter behaupten kann. Ich nehme ein Olio verde aus Sizilien.
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«Am besten in Halbliterflaschen im Schrank»: Martin Dalsass
Verde ist ein gutes Stichwort. Sind grüne Olivenöle besser als gelbe?
DALSASS:
Ob grün oder gelb - die Farbe beeinflusst die Qualität nicht. Sie wird auch bei einer Degustation als Qualitätsmerkmal nicht berücksichtigt.
Warum sind manche dann grün?
DALSASS:
Das kommt von der Verarbeitung grüner, noch unreifer Früchte.
Ist also ein Makel?
DALSASS:
Nein, gar nicht. Es gibt dem Öl einfach einen besonderen Geschmack.
Was zeichnet ein gutes Olivenöl aus?
DALSASS:
Die Frische. Und die Fruchtigkeit. Sie darf mild sein oder auch kräftig, leicht bitter oder scharf. Aber der Geschmack muss immer harmonisch sein.
Ist ein trübes Olivenöl besser als ein klares?
DALSASS:
Nicht zwangsläufig. Für Viele ist ein frisch gepresstes, trübes Öl das beste. Viel wichtiger aber ist: Ein Olivenöl muss leuchten.
Wie viele Sorten Olivenöl stehen in Ihrer Küche?
DALSASS:
Mindestens zehn, zur Zeit sind es zwölf.
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Und die werden restlos aufgebraucht?
DALSASS:
Natürlich. Ich brauche fast 800 Liter Olivenöl im Jahr.
Wie viele machen in einem normalen Haushalt Sinn?
DALSASS:
Drei, vielleicht auch vier. Letztlich braucht es in einer normalen Küche ein mildes, ein mittleres und ein stark fruchtiges Öl.
Das steht aber nicht auf der Etikette. Welche sind mild?
DALSASS:
Die ligurischen Öle sind mild, die toscanischen können mild, aber auch kräftig sein. Die sizilianischen gehören zu den kräftigen
Und welches passt wozu?
DALSASS:
Das sizilianische passt gut zu Fisch, zu Gemüse und zu Desserts. Das liegt an seinem Zitrusaroma. Manche sagen auch, es schmecke nach Eukalyptus.
Und die toscanischen schmecken nach Trauben von den Weinbergen ringsum?
DALSASS:
Für mich schmecken sie nach grünen Tomaten. Das passt wunderbar zu Teigwaren, aber auch zu Fleisch.
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Und welches ÖI kommt in den Salat?
DALSASS:
Das ligurische. Es passt aber auch gut zu Meeresfrüchten oder zu Flusskrebsen.
Wenn ich drei bis vier Olivenöle in der Küche habe-wie lagere ich die?
DALSASS:
Auf jeden Fall nicht an der Wärme oder in der prallen Sonne. Am besten ist es, sie in Halbliterflaschen im Schrank aufzubewahren. Die Menge verbraucht man schnell. Der Vorrat gehört in den kühlen Keller. Dort hält er sich ohne Probleme ein ganzes Jahr.
Wie siehts denn mit dem Kühlschrank aus?
DALSASS:
Geht auch. In der Kälte flockt das Öl, was seiner Qualität aber nicht schadet.
Es gibt mittlerweile auch ein gefrorenes ÖI. In der Degustation der SonntagsZeitung hat es gut abgeschnitten.
DALSASS:
Ja, das ÖI zeichnet sich durch grosse Frische aus. Aber: Wenn es aufgetaut ist, muss es genauso lagern wie die anderen. Einfrieren kann man es nicht mehr.
Was halten Sie von Ölen mit Peperonioder Zitronengeschmack?
DALSASS:
Wenig. Meistens sind die Öle nicht gut, und die eingelegten Früchte überdecken alles. Besser ist selber machen. Eine kleine Menge gutes ÖI nehmen und nach Geschmack aromatisieren. Ein, zwei Zitronenscheiben während zwei, drei Tagen einlegen - super zu Fisch.
Wie weiss man das alles?
DALSASS:
Es gibt Degustationskurse, bei denen man lernt, Nase und Gaumen zu gebrauchen und ein gutes von einem schlechten Produkt zu unterscheiden. Der Rest ist learning by doing.
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