Sun bald ohne Cobalt

Alle Anzeichen deuten daraufhin, dass die Marke
Cobalt bei Sun bald keine Rolle mehr spielen wird.

Wer heute auf der Website von Sun nach Informationen zu Cobalt forscht, muss ziemlich lange suchen, bis er Preise und Konfigurationen findet. Die stiefmütterliche Behandlung des einst teuer gekauften Markennamens lässt vermuten, dass es bei Sun bald keine Cobalt-Maschinen mehr gibt. Eine Vermutung, die von gut informierten Kennern geteilt wird. Sun allerdings hüllt sich in Schweigen und scheint die Marke still und leise eingehen zu lassen.

Zwei-Milliarden-Dollar-Deal

   Vor gut zwei Jahren kaufte der Unix-Spezialist Sun für immerhin etwa zwei Milliarden Dollar (in Aktien) die Firma Cobalt Networks. Cobalt stellte sogenannte «Server-Appliances» unter Linux her, günstige Server also mit vorinstallierter und vorkonfigurierter Software, die ganz bestimmte Zwecke erfüllen sollten. Cobalt boomte und Internet-Service-Provider schafften die Cobalt-Boxen gleich zu Dutzenden oder Hunderten an und vermieteten sie ihren Kunden als Web-Server.
   Bei Sun war man euphorisch. Mit der Übernahme sollte der Sprung in den Markt Für dedizierte, äusserst günstige Low-End-Server gelingen und der damalige Sun-COO Ed Zander sagte eine «Explosion» der Nachfrage nach solchen Geräten voraus. Es kam aber ganz anders. InternetProvider und Datencenter sind in den vergangenen 12 Monaten gleich reihenweise in Konkurs gegangen und die Nachfrage nach Diensten wie dem Beherbergen von Internet-Servern für Kunden hat nie die erwarteten Dimensionen erreicht.

 

Suns Marke «Cobalt»: Die kobaltblauen Server-Appliances sind vom Aussterben bedroht.

Suns Marke «Cobalt»: Die
kobaltblauen Server-Appliances  
sind vom Aussterben bedroht.

Fehlende Vertriebsstrategie...

   Ein Grund für den teuren Flop war das fehlen einer Vertriebsstrategie für diesen Für Sun völlig neuen Massenmarkt. Sun glaubte, die Cobalt-Server über die gewohnten Verkaufskanäle an den Markt bringen zu können und stellte keine eigene Verkaufsmannschaft für die neuen Produkte auf die Beine. Und die Sun-Leute, gewohnt High-End-Ausrüstungen für die zentralen Rechenzentren sehr grosser Firmen zu verkaufen, liessen sich nicht dazu gewinnen, den Markt für die günstigen Intel/Linux-basierten Maschinen aufzubauen. Auch der indirekte Vertriebskanal für die 1000-Dollar-Maschinen wurde vernachlässigt.
   Dieser Fehler sollte sich rächen, denn die einst als revolutionär gefeierten Maschinen verschwanden mehr und mehr vom Markt .

...neue Software-Strategie

   Dazu kommt, dass sich Sun mit einem neuen Konzept im Markt für günstige Server durchsetzen will. Der kalifornische Unix-Spezialist liefert die Einstiegs-Server zusammen mit einer eigenen LinuxDistribution und -Applikationen (Apache, Sendmail, Bind, MySQL ) aber auch mit vorinstallierter Sun-eigener Software wie dem Betriebssystem Solaris und verschiedenen Java-Anwendungen.
   Den angepeilten Kunden, Internet-Service-Provider, Hoster, Firmen mit eigener Internet-Infrastruktur soll die freie Wahl überlassen werden, die vorinstallierte, lizenzfreie Software nach eigenem Gutdünken auszuwählen oder durch andere


16.Januar ¤ 01/2003  InfoWeek.ch