Das Prinzip des Schlaufenpropellers: Indem man die äusseren Enden der Rotorblätter durch Schlaufen verbindet, unterdrückt man die Bildung unerwünschter Randwirbel. (Bild Evologics)
 

Ein fast lautloser Propeller

Schlaufen sollen Wirbelbildung unterbinden
 

   Beinahe unweigerlich richtet man den Blick gen Himmel, wenn das laute Klatschen eines Helikopterrotors die Stille durchschlägt. Keine Frage: Helikopter machen einen Heidenlärm. Verwirbelungen an den Rotorblättern sind die Ursache für den Krach und tragen zudem deutlich zum Energieverbrauch der Luftfahrzeuge bei. Eine Berliner Neuentwicklung soll das ändern. Die Bioniker von der Firma EvoLogics haben einen energiesparenden, leisen Rotor entwickelt, der eher einem Kleeblatt als einem gewöhnlichen Propeller ähnelt. Ganz im Sinne der Bionik, die biologische Strukturen in technische Produkte überträgt, haben die Forscher den Bauplan für ihren Rotor dem Vogelflügel nachempfunden. Zwar sehen Vogelflügel und der «bionische Schlaufenpropeller» recht verschieden aus. Ihr Funktionsprinzip ist aber durchaus ähnlich.
    Gewöhnliche Tragflächen oder Rotorblätter haben ein Profil, das im Querschnitt etwa einem Tropfen ähnelt. Die Unterseite der Tragfläche ist verhältnismässig glatt und leicht gegen die Strömung angestellt. Die anströmende Luft wird dadurch gestaut, und es entsteht ein Überdruck. Auf der Oberseite ist der Bauch des Tropfens stärker ausgeprägt. Über dieser Wölbung wird die anströmende Luft beschleunigt und erzeugt dabei einen Unterdruck. Am hinteren Rand des Flügels treffen die Stromlinien zusammen und bilden eine dünne Wirbelschicht. Diese ist in der Regel nicht stabil. Durch eine Ausgleichsströmung rollt sich die Wirbelschicht zum Ende des Flügels hin auf. Im Nachlauf bilden sich mächtige Wirbelzöpfe aus, die ausgesprochen energiereich sind, aber nicht zum Schub und zur Fortbewegung beitragen. Das kostet Treibstoff. Bei den Flügeln von Propellern und Windkraftrotoren kommt noch die Drehbewegung hinzu. Auf Grund der hohen Drehgeschwindigkeit der Flügelspitzen ist die Wirbelbildung am Rand besonders ausgeprägt.
      Bei einem Vogelflügel werden derart grosse Randwirbel durch die Auffächerung der Flügelspitzen vermieden. Greifvögel, Geier und viele Kleinvögel besitzen fingerartig gespreizte Handschwingen. Diese unterteilen die Randwirbel in viele kleinere. So wird verhindert, dass sich starke Wirbel bilden. Einen ähnlichen Effekt haben die abgewinkelten Spitzen am Ende der Tragflächen moderner Verkehrsflugzeuge.
    Dieses Prinzip nutzt auch der bionische Schlaufenpropeller. Die Konstruktion geht jedoch noch einen Schritt weiter, indem das ursprüngliche Rotorblatt in zwei Längshälften zerschnitten wird. Jede Hälfte wird zur Seite gebogen und mit einer Hälfte des benachbarten Rotorblatts verbunden. So entstehen Schlaufen, die einem kunstvoll verdrehten Möbius-Band ähneln. Die miteinander verknüpften Rotorblatthälften bilden im Grunde eine unendliche Tragfläche, die frei von Flügelspitzen ist. Die Entstehung starker Randwirbel wird daher verhindert. Was hinter den Schlaufen zurückbleibt, ist ein dünner Schleier aus kleinen Wirbelchen. Selbst gegenüber Hightech-Rotoren klassischer Bauart ergebe sich dadurch eine deutliche Verbesserung, sagt der Chef von EvoLogics, Rudolf Bannasch. Der Lärm werde entscheidend reduziert. Bei gleichem Schub erhöhe sich der Wirkungsgrad um fünf bis acht Prozent.
    Derzeit bauen die Berliner Forscher einen Rotor-Prototyp mit sechs Metern Durchmesser, der als Windrad getestet werden soll. Im Strömungskanal werden kleinere Modelle für Schiffsschrauben und Flugzeugpropeller untersucht. Darüber hinaus soll sich das Schlaufenprinzip auch für leise Computerlüfter oder Ventilatoren eignen.

Tim Schröder
NZZ 19.03.2003
www.evologics.com